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6. Ostersonntag im Jahreskreis C

Pfungen 25. Mai 2025

6. Ostersonntag im Jahreskreis C, Pfungen 25. Mai 2025

Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen… (Apg. 15, 28)

Liebe Mitchristen,

Hier in der demokratischen Schweiz ist es üblich, dass bei vielen Entscheidungen, welche Relevanz haben, die Einwohner und Einwohnerinnen einbezogen werden und zur Urne gehen, um mit ihrer Abstimmung ihre Meinung kundtun. So werden über verschiedene Themen öfters im Jahr abgestimmt. Auch die katholische Kirche der Schweiz kennt diesen Prozess der Meinungsfindung. Mindestens zweimal im Jahr werden in den Pfarreien Wahlen durchgeführt. Neben dem Jahresbudget, werden auch über andere Themen informiert und durch die Wahlen abgestimmt. Die Kirchgemeindemitglieder entscheiden zum Beispiel, ob dieses Jahr am Jugendprogramm mehr gearbeitet werden soll oder ob die Liegenschaften besser genutzt werden sollten. Zudem werden die Mitglieder der Kirchenpflege alle 4 Jahre im Amt bestätigt oder neue Personen werden dafür gewählt. Der Pfarrer unterliegt auch diesem Prozess und zwar alle 6 Jahre.

Von der Perikope der Apostelgeschichte von heute kommt dies uns nicht fremd vor. Denn es gab Streit in den urchristlichen Gemeinden in Antiochia, in Syrien und Zilizien bezüglich der Voraussetzung und das Kriterium Christ zu werden. Muss man um Christ zu werden, sich der Beschneidung unterziehen lassen und sich quasi der jüdischen Tradition beugen oder reicht es, wenn man andere wichtigere Dinge beachtet? Anders gesagt müssen die konvertierten Heidenchristen sich beschneiden lassen, bevor sie zum Christentum gehören oder nicht?

An dieser Frage hätten die Frühchristen scheitern können, denn es war für sie wichtig, über dieses Thema zu befinden und auszudiskutieren. Um dieses Problem zu lösen, wurde Paulus, Barnabas und einige Ältesten nach Jerusalem geschickt, damit sie dieses Problem mit den Aposteln dort behandeln können. Presbyter sind Älteste, welche hohes Ansehen geniessen und Mitarbeiter der Apostel sind und sie oft vertreten. Es ist festzustellen, dass die Urgemeinde eine Lösung sucht, welche in der ganzen damaligen Christenheit gelten soll. Also nicht eine regionale Suppe kochen, sondern besorgt sein, die Einheit zu wahren und eine Lösung zu suchen, welche für alle gilt. Damals war Jerusalem der Hauptsitz von Apostel Petrus und nicht Rom. Daher hatte Jerusalem ähnliche Bedeutung, wie Rom heute.

Bei der Gemeindeversammlung in Jerusalem erinnert Petrus alle daran, dass Gott die Heiden zu sich berufen hat. Gott machte keinen Unterschied zwischen den Juden und den nicht jüdischen Christen, weil sie alle im Heiligen Geist berufen sind. Jakobus vertritt die Auffassung, dass Israel zuerst komme und dann die Heiden. Er fordert Mindestvorschriften für die gemeinsame Mahlfeier (Eucharistie), nämlich auf Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu verzichten. Jakobus ist in dieser Streitfrage eher für einen Kompromiss.

Ersichtlich wird es mit diesem Satz: «Wir und der Heilige Geist haben beschlossen». Dieser Satz möchte nur betonen, dass die Entscheidung übereinstimmend ist. Am Ende hat man die Bedingung für eine Beschneidung zur Aufnahme als Christ verworfen. Alle kommen zu Wort und jeder lässt sich hinterfragen. Alle vertrauen auf die Wirkung des Heiligen Geistes und lassen sich hinterfragen, denn der Heilige Geist leitet die Kirche weiterhin. Wir sehen hier eine gelungene innerkirchliche Konfliktbewältigung. Diese Lösungsart für einen Konflikt zu beenden, kann heute auch als Model zur Konfliktlösung dienen.

Derzeit gibt es viele Baustellen in der Kirche und Glaubensrichtungen. Ermutigend ist, dass die Urchristen das Gebet und den Heiligen Geist in ihrer Versammlung und für die Entscheidungsfindung gesucht haben. Heute gibt es Personen, die die Einheit und Verbindung mit Rom stark in Frage stellen. Sie wollen eher eine nationale Entscheidung. Es ist ihnen egal, wohin diese Haltung führt, auch wenn es zur möglichen Spaltung kommen könnte. Dies widerspiegelt das politische Klima in unserer jetzigen Zeit. Andere wollen gar kein Iota ändern, sondern das Alte bewahren. Es wird immer Zwiespalt geben, solange die Menschen unterschiedliche Interesse vertreten. Ein Dialog und das persönliche Gespräch mit allen Beteiligten könnten heute auch eine gute Lösung für uns alle sein.

Beten wir, dass uns Gott in solchen Momenten durch Gebet und mit dem Heiligen Geist zu einer Lösung bringen kann, in dem wir einander zu hören und unsere Haltung hinterfragen. Möge, dass Gott und der Heilige Geist uns alle weiterhin begleitet…Amen.