Pfungen 27. Oktober 2024
30. Sonntag im Jahreskreis B, Pfungen 27. Oktober 2024
Was soll ich dir tun (Mk 10, 51)
Liebe Mitchristen,
Ab und zu hören wir Menschen sagen: «Mir gehen die Augen auf» Das sagen wir auch, wenn wir nicht blind im physischen Sinne sind, denn die Augen funktionieren sehr gut hier. Es kann sogar sein, dass wir eigentlich nicht mal eine Brille brauchen, um zu sehen und doch kann man blind sein. Ich sehe nicht, dass jemand mich betrügt – Ja, bis mir die Augen aufgehen! Vielleicht macht mich jemand auf manche Vorkommnisse und Zusammenhänge aufmerksam, bis mir die Augen aufgehen.
Markus erzählt heute von einer Begegnung, bei denen die Augen aufgehen. Wir begegnen einem Bettler und Blinden, der als einziger in den Markusheilungsgeschichten mit einem Namen, Bartimäus, Sohn des Timäus, benannt wird. Er sitzt am Strassenrand und hofft auf Almosen von den Pilgern, die auf dem Weg nach Jerusalem unterwegs sind. Blindheit, damals wie heute, ist bei vielen Menschen ein Zeichen der Armut. Solche sind unbedeutende Menschen, benachteiligt und oft verachtet! Sie werden von den Leuten als lästig angesehen und sollen aus den Strassen verschwinden. Sie stören unser Gewissen, ihnen etwas geben zu müssen. Sie stören das Bild der Stadt und erinnern uns unweigerlich, dass man miteinander teilen soll. Vielleicht stinken sie und wir wollen diesen Geruch nicht riechen, wenn wir unterwegs sind. Ab und zu hören wir von jungen Menschen, die ihnen Gewalt antun und fragen uns, wohin die Welt steuert!
Bartimäus hört früher von Jesus und wie er Menschen geheilt hat und Jesus komme diesen Weg. Nichts konnte ihn mehr aufhalten, denn er wollte seine Chance nutzen. So schreit es aus seiner Seele «Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir». Die Arroganz der Menschenmenge und ihre Ignoranz sind unerträglich, denn sie wollen ihn zum Schweigen bringen, weil er ihre Ruhe und die Pilgerschaft nach Jerusalem mit seinem Geschrei stört. Manche Theologen argumentieren deswegen, dass nicht nur der Blinde blind ist, sondern auch die Menschenmenge, welche den Bettler und Blinden entwürdigte. Für sie ist der blinde Bettler kriminell und nur dreckig. Das Bild hat sich bis heute nicht geändert. Manche schlagen sogar politische Vorteile davon und wollen sie von unseren schönen Strassen verbannen!
Jesus ruft ihn zu sich und stellt ihm sogar eine Frage, welche für manche Ohren überflüssig ist. Nämlich: Was willst du, das ich für dich tue? Diese Fragestellung von Jesus ist notwendig, damit wir selber formulieren können, was wir von Gott wünschen. Gott möchte hören, was uns bewegt, unsere Sehnsüchte, Sorgen und Hoffnungen. Nur wenn wir dies lernen und aussprechen, geraten wir in Verbindung und Beziehung mit Gott. Jedoch solange wir meinen, alles selber und allein zu schaffen, verkümmert diese Beziehung und die Begegnung mit Gott. Die Menschenmenge, die zuvor gegenüber dem Blinden feindlich war, wird nun nach dem Ruf Jesu, plötzlich freundlich. Nach der Heilung des blinden Bettlers, geht er mit auf dem Weg nach Jerusalem. Heilung führt zur Nachfolge und auf die Spur, Jesus zu begegnen.
Beten wir heute, dass wir Menschen, die am Rande der Gesellschaft sind, nicht gleich als Kriminelle behandeln und verachtend ihnen gegenüber agieren. Schenken wir ihnen wieder ihre menschliche Würde, in dem wir sie entsprechend behandeln. Es ist immer wieder wichtig als Christen zu lernen, unsere Sehnsüchte, Sorgen, Nöte, ja Hoffnungen an Gott im Gebet auszusprechen. Gott heile uns von der Blindheit zu meinen, nur auf unseren Tellerrand zu schauen, unseren Wohlstand zu schützen und in eine Welt zu kreieren, in der Armut nicht Existenz wird. Hilf uns, Jugendliche so zu erziehen, dass sie ihre Aggressionen nicht gegenüber solchen Menschen auslassen. Befreie unsere Kirche von der Krankheit, nur für die Zukunft zu planen und dabei die Aufmerksamkeit auf Menschen am Rande der Gesellschaft zu verlieren… Amen.