Pfungen 6. Oktober 2024
27. Sonntag im Jahreskreis B, Pfungen, 6. Oktober 2024
Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen (Mk 10.9)
Liebe Mitchristen,
Das heutige Thema, sowohl von der ersten Lesung als auch vom Evangelium, ist heikel und man kann sich daran schnell die Finger verbrennen. Es ist mir sehr bewusst, dass, egal wie man es behandelt, nicht alle damit zufrieden sein werden! Wir leben in einer Zeit, wo menschliche Beziehungen viele Facetten bekommen haben und das traditionelle Eheverständnis am Schwinden ist. Neuerlich habe ich ein Buch bekommen, wo eine Feministin die Trennung von Ehe und Sexualität ausgerufen hat. Wie realistisch dies ist, bleibt die Frage. Heute sind die Beziehungen in der Krise, Mann und Frau ist nicht mehr selbstverständlich, wir haben ein Zwischengeschlecht bekommen. Weder Mann noch Frau.
Das Scheitern der Ehe ist eine Realität, die niemand verleugnen kann. Manchmal hören und begegnen wir Menschen, die fröhlich angeben, dass sie schon 6 bis 7 mal eine Ehe eingegangen sind und haben jetzt einen Lebenspartner, mit dem sie ihren Lebensabend verbringen wollen. Fremd klingt es schon, wenn sich jemand bei einer Vorstellung als geschieden vorstellt, auch wenn niemand danach gefragt hat. Da fragt man sich doch, was diese Person als Botschaft damit ausdrücken will? Freude, Schmerz oder Schuldgefühl? Als Seelsorger bin ich froh, wenn ich bei der Kommunion nicht zuerst herausfinden muss, ob er verheiratet oder geschieden ist. Hier in der Schweiz spielt dies kaum eine Rolle und die Ämter haben dies nicht als Voraussetzung. Auch hier hat das Volk für «die Ehe für alle» gestimmt, ob dies aber die Grenze des menschlich Machbaren damit aufzeigt oder die Beziehungen bereichert, bleibt hier die Frage.
Eines muss man feststellen, nämlich ein Gesetz kann die Ehe nicht retten und verhindert die Realität des Scheiterns nicht. Das Scheitern einer Ehe ist öfters komplizierter und bedarf immer zwei Menschen. Selten trägt eine Person die alleinige Schuld dafür. In Deutschland hat man deswegen im Jahr 1977 das Schuldprinzip bei der Ehescheidung durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst. Für Aussenstehende sind nicht immer alle Gründe für eine Ehescheidung nachvollziehbar. Allgemein hat man das Gefühl, dass schnell geschieden wird. Es gibt jedoch immer wieder Ehen und Beziehungen, wo Gewalt und Demütigungen ein Ausmass annimmt, das einer Sklaverei ähnliche Situation darstellt. Da stellt sich die Frage, wie soll man hier pastoral damit umgehen?
Nun kehren wir zurück zu der eigentlichen Fangfrage an Jesus. Das Eherecht der damaligen Zeit stellt Mann und Frau keineswegs gleich. Männer konnten ihre Frauen nur mit einer Scheidungsurkunde aus der Ehe entlassen, die Frauen konnten dies bei den Männern aber nicht. Dazu konnte ein Mann seiner Frau gegenüber keinen Ehebruch begehen, Frauen gegenüber dem Mann aber schon! Jesus stellt alles auf den Kopf und plädiert für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dann kann nach Jesus sowohl der Mann als auch die Frau Ehebruch begehen.
Nun geht es Jesu darzustellen, wie es eigentlich ist, wenn das Reich Gottes anbricht. Da werden die Niedrigen erhöht und die Mächtigen vom Thron gestürzt (vgl Lukas 1,51). So stellt Jesus die Kinder, die in der damaligen Zeit ebenfalls keine Rechte hatten, in die Mitte und gewährt ihnen ein Recht und trifft sich mit ihnen. Genauso bekommen die Frauen Rechte und werden einander gleichgestellt. Wer in diesem Bewusstsein lebt und umschaut, wird es keine «Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Männer und Frauen geben, sondern ringsherum nur noch Brüder und Schwestern auf Augenhöhe. Auch war es Jesus wichtig, dass seine Jünger mit ihm in der Kreuzesnachfolge auf den Weg gehen. Eine Ehe, ja jede Beziehung, kann ein schmerzhafter Kreuzweg im Alltag bedeuten. Jesus hat die Kinder nicht weggeschickt. Und so versucht man, in der Pastoral jene zu begleiten, die in ihrer Beziehung gescheitert sind und empfiehlt ihnen die Gnade Gottes. Als Leitfaden fragt man sich, wie würde Jesus heute handeln? Möge sein Geist uns hier begleiten …Amen.