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23. Woche im Jahreskreis B

Pfungen 8. September 2024

23. Sonntag im Jahreskreis B, Pfungen 8. September 2024

Er sagt zu der Taubstummen: Effata! öffne dich (Mk7,34)

Lieber Mitchristen,

Vor einigen Jahren als Priester, wollten wir mit den Firmlingen spüren, wie es ist, wenn man blind ist. Wir durften zu einem speziellen Restaurant in Zürich gehen, welches „Blinde Kuh“ heisst. Dort wurden wir zuerst von einem Blinden in einen Zwischenraum geführt, damit sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Zuvor haben wir noch alle unser Menu bestellt. Dann ging es weiter in das Restaurant, wo sie uns alle an bestimmten Tischen platzierten. Komisch, man hört die Stimme des anderen, jedoch sieht man nur Dunkelheit. Um zu Trinken, musste man den Finger ins Glass stecken, um zu spüren, ob man fertig getrunken hat. Ebenfalls mit dem Essen ist es abenteuerlich, es bedarf mehreren Anläufen, bis etwas auf dem Löffel landet, um dann in den Mund zu gelangen. Der Dienst des Fingers wird auch gebraucht um festzustellen, ob der Teller leer ist oder nicht. Manche Firmlinge konnten diese Dunkelheit nicht aushalten und wurden vorsichtig, wieder mit Zwischenstopp, herausgeführt. Am Ende gab es einen Austausch mit den Blinden, bei dem die Firmlinge viele Fragen stellten, da sie nun ein Gefühl vermittelt bekamen, wie die Welt der Blinden und Behinderten aussieht.

Markus in seinem heutigen Evangelium schildert die Begegnung Jesus mit dem Taubstummen. Für manche klingt es märchenhaft, wenn Markus so von einer Heilung berichtet. Egal wie dies bei uns ankommt, wir stellen fest, dass Jesus damit zeigt, dass Krankheit und all das, was uns im Leben niedermacht und einschränkt, letztlich nicht das letzte Wort hat, denn Jesus kann dies heilen. Ich kann wieder gesund werden, ja ich kann wieder sprechen durch Jesus Christus. Die Heilung zeigt auch, dass die messianische Zeit mit Jesus angebrochen ist.  Dies manifestiert sich in seinen Wundern und Heilungen an den Menschen. Für die damaligen Heiden und Judenchristen sind diese Botschaften sehr wichtig gewesen. Wir wissen nicht, was alles im Leben des Taubstummen passiert ist, was ihm die Sprache verschlagen hat. Seine Situation schliesst ihn jedoch automatisch vom Leben der Gesellschaft, wo er lebte, aus.

Komisch, dass Jesus ihn zuerst von der Menge wegnimmt, ja von all dem wegnimmt, welches ihn hindert, Gotteswort zu hören und davon zu sprechen. Dann heilte er ihn mit seinem Speichel und Gebet. Der Kranke spürt, jetzt geht es um mich und meinen Gott, nicht um die anderen. Die zärtliche Berührung Jesus weckt den Glauben in ihm und er kann wieder das Evangelium verkünden. Darum hört er nicht auf, von seiner Heilung zu sprechen, selbst wenn Jesus ihm dies verboten hat! Dieser besondere Heilungsvorgang schenkt dem Taubstummen das Gefühl, wichtig und Sohn Gottes zu sein. Jesus Finger rührt den ganzen Menschen, erreicht sein Herz und nicht nur die Heilung seiner körperlichen Krankheiten, sondern es heilt auch das Innere des Menschen.

 Die heutige Lesung ist ein Hinweis auf die Menschen, welche gegenüber den Worten Gottes schwerhörig geworden sind. Dort wo Taubheit und  Stummheit weichen, dort wird der Mensch mutig, frei, empfindet Freude und hat das Glück, Gott für seine Taten zu loben. Es ist sonst schwierig, wenn man nicht auf die Melodie des Lebens hören kann. Wer sich von Jesus anrühren lässt, der spricht über das was ihn bewegt; über seine Ängste und Sorgen, über seine Sehnsucht und Hoffnung, über seinen Glauben und seinen Zweifel.

Die heutige Erzählung will uns an der Hand nehmen, um unser Leben zu deuten, um es mit der Wirklichkeit Gottes in Zusammenhang zu bringen. Uns erstaunt es nicht, dass die Menschen begeistert waren und trotz Verbot die Heilung weitergesagt haben. Denn wer kann dort schweigen, wo der Mensch eine grundlegende Veränderung seines Lebens erfahren hat?

Beten wir heute, dass Jesus unsere Ohren aufmacht, ja unsere Stimme befreit, damit wir seine Worte hören und dies mit Freude verkünden, durch seine Heilungsworte: Effata, öffne dich… Amen.