Pfungen 1. September 2024
22. Sonntag im Jahreskreis B, Pfungen 1. September 2024
Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten…( Mk 7,5)?
Liebe Mitchristen,
In der letzten Zeit beobachtet die Kirche Nigerias mit Sorge das Zurückkehren der jüngeren Generation zur traditionellen Religion. Sie behaupten, dass das Christentum eine Lüge ist und ihre Tradition gelogen hat. Und jetzt entdecken sie diese traditionelle Religion wieder neu. Es gab in jüngster Vergangenheit immer wieder Videos, wo in manchen Gottesdiensten die Maskerade(mmanwu) in der Kirche erscheinen oder manche Symbole des Ahnenkults vor die eucharistische Andacht gestellt werden. Handelt es sich hier um Inkulturation oder um einen Missbrauch? Welchen Weg könnte man hier in Bezug auf Tradition und ihre Integration in ein christliches Leben gehen? Kann man die Traditionen unkritisch voll annehmen, weil sie die Überlieferungen der Alten sind? Wie ist es mit der Tötung der Zwillinge oder die Beerdigung der Könige mit anderen Köpfen damals, kann man das auch als gute Traditionen bezeichnen?
Die heutigen Lesungen beschäftigen uns mit der Frage, ob die Traditionen schon deswegen richtig oder falsch sind, weil sie Traditionen sind? Wer befindet darüber, ob sie richtig oder falsch sind? Gibt es Kriterien, um diese geistig zu unterscheiden? Das Markusevangelium bietet uns heute doch einige Hinweise auf die Lösung dieses Problems. Wir hören von den Reinheitsgeboten, welche sich nicht um körperliche Hygiene handeln, sondern um die Gottfähigkeit des Menschen. Für die Pharisäer gilt, wer rein ist, darf sich Gott nähern und wer sich unrein fühlt, soll Gott auf Distanz gehen und ist unheilig, unrein. Wer sein Brot mit gewaschenen Händen isst, achtet respektlos gegenüber den Alten und ihrer Tradition.
Jesus hingegen qualifiziert mit einem Zitat des Propheten Jesaja diese Überlieferungen der Alten als menschliche Satzungen! Das heisst, es handelt sich nicht um eigentliche Gesetze Gottes, sondern um mündliche Auslegungstraditionen. Also nicht alles, was sich im Laufe der Zeit als Tradition etabliert hat, hat dieselbe Bedeutung wie ein Gesetz Gottes. Jesus geht noch weiter und erhebt Vorwürfe, dass solche überlieferten Traditionen die ursprünglichen Gebote Gottes torpedieren können. Wenn man die Verse von Markus heute weiter liest, so führt Jesus die Korbanregel als Beispiel an. Dabei übergeht man die Regel, Vater und Mutter im Alter zu unterstützen, mit der Aufforderung, ein Weihegeschenk an den Tempel zu machen. So entzieht man den Eltern, was ihnen zusteht. So sollen sie im Alter sehen, wie sie über die Runden kommen. Die Korbanregel verstösst nach Jesus Vorstellung gegen das göttliche Gesetz, Vater und Mutter zu ehren.
Jesus empfiehlt uns, die Tradition an der ursprünglichen Absicht Gottes zu messen, den Menschen und dem Leben zu dienen. Für Jesus ist Frömmigkeit keine übernommene, gelieferte Tradition, sondern eine Frage des Herzens. Es kann sogar sein, dass solche Überlieferungen das Zusammenleben der Menschen zerstört, statt sie zu fördern. Was immer dem Miteinander und der Menschlichkeit dient, das heiligt einen Menschen und gibt ihm Anteil an Gott. Im Resümee bedeutet dies, dass alle Traditionen und Überlieferungen, sowie Gewohnheiten, welche als Massstab der kirchlichen und privaten Handlungen dienen, überprüft werden müssen, ob sie der Menschlichkeit und dem Miteinander dienen. Solche Kriterien wären dann im Sinne Jesus und gewähren einen Blick in das eigene Herz des Menschen…Amen.